Wie gut ist Gesundheitsförderung aktuell im österreichischen Recht verankert? Wie sieht die legistische Situation in anderen Ländern aus und was könnten wir daraus lernen? Diesen Fragen widmeten sich Klara Doppler und Maria Kletecka-Pulker im GÖG-Colloquium am 8. März 2023.
Klara Doppler und Maria Kletecka-Pulker vom Ludwig Boltzmann Institute for Digital Health and Patient Safety präsentierten beim GÖG-Colloquium die wesentlichen Ergebnisse einer Studie, die sich mit dem Beitrag der Legistik in der nachhaltigen Verankerung von Gesundheitsförderung beschäftigte. Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, ob die österreichische Gesetzeslage denn flächendeckende Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen für Gesundheitsförderung biete. Ein (Rechts-)Vergleich mit Deutschland, Finnland und Wales sollte der Ideenfindung dienen und Stakeholderinnen und Stakeholdern Orientierung geben.
Die rechtliche Verankerung von Gesundheitsförderung ist hierzulande ein rezentes Phänomen und nicht nur durch unterschiedliche Begriffe und Definitionen, sondern auch durch legistische Zersplitterung geprägt. Grundsätzlich ist das politische Bekenntnis zur Gesundheitsförderung erkennbar, die konkrete Umsetzungshoheit liegt jedoch meist bei der Verwaltung. Ein Grundrecht auf Gesundheit wurde immer wieder diskutiert, existiert bislang aber nicht.
Auch in Deutschland gibt es keine verfassungsgesetzlichen Gesundheitsregelungen. Das Präventionsgesetz stärkt Gesundheitsförderung und Prävention. Allerdings erschwert die starke Orientierung an der Sozialversicherung einen Health in All Policies-Ansatz.
In Finnland gestaltet sich die Situation grundsätzlich anders: Hier ist das Recht auf Gesundheitsförderung in der Verfassung verankert. Auf der einfachgesetzlichen Ebene existiert ein dezidiert der Gesundheitsförderung gewidmetes Gesetz (Health Care Act), außerdem sind eine ausgeprägte intersektorale Zusammenarbeit und das Health Impact Assessment – also die systematische Untersuchung von Auswirkungen von Gesetzesvorhaben (auf verschiedenen Ebenen) auf den Bereich Gesundheit – die Regel. Finnland übernimmt mit diesem Verankerungsgrad von Gesundheitsförderung eine internationale Vorreiterrolle, die allerdings nicht „über Nacht“ entstanden ist, sondern bereits in den 1970ern grundgelegt wurde.
Wales, als Teilnation Großbritanniens, nimmt eine Sonderstellung in der Studie ein. Auch hier gibt es keine einschlägige verfassungsrechtliche Grundlage, jedoch wesentliche einfachgesetzliche Regelungen. Dabei kommt vor allem dem „Wellbeing of Future Generations Act“ von 2015 eine besondere Bedeutung zu, weil er nicht nur die Verwaltung dazu verpflichtet, mit ihrem Handeln (überprüfbar) das Wohlergehen zukünftiger Generationen zu sichern, sondern aufgrund einer umfassenden Bürger:innenbeteiligung auch hohe Zustimmung und Legitimation genießt.
Für Österreich haben die Studienautorinnen fünf größere Handlungsfelder identifiziert:
- Schaffung einheitlicher Begrifflichkeiten und einschlägiger Definitionen
- Praktische Konkretisierung des politischen Commitments zur Gesundheitsförderung
- Stärkere Vernetzung und klare Anlaufstellen für Health in All Policies
- Systematisches Monitoring von Gesundheitsförderung auf der kommunalen Ebene
- Erweiterung des gesetzlichen Rahmens für Gesundheitsförderung
Hier finden Sie die Studie und die Präsentation zum Download.