Das Konzept der Well-Being Society promotet gesellschaftliche Ansätze, die das körperliche, geistige, seelische und soziale Wohlbefinden aller Menschen ins Zentrum des Handelns stellen. In den Fokus der Gesundheitsförderung rückte das Konzept mit dem Erscheinen der „Geneva Charter for Well-Being“. Wie der Ansatz „Health in All Policies“ (HiAP) setzt die Idee der Well-Being Society auf die Zusammenarbeit unterschiedlichster Politik- und Gesellschaftsbereiche, um die Lebenswelten der Menschen gesundheitsförderlich zu gestalten und damit die Lebensqualität zu erhalten bzw. zu verbessern. Durch diese Kooperation können Co-Benefits erzielt werden, die für verschiedene Politikfelder relevant (Greer et al. 2023; WHO 2014).
Das Konzept der Well-Being Societies basiert auf dem bereits älteren Konzept der Well-Being Economy. Dieses nimmt das wirtschaftliche Handeln in den Blick und fordert einen Paradigmen-wechsel hin zu einer Ökonomie, die sich der Erreichung des Wohlbefindens der Allgemeinheit unter Wahrung der natürlichen planetaren Grenzen, auch im Sinne zukünftiger Generationen, verpflichtet. In den letzten Jahren haben einige Länder bzw. Regionen dieses Konzept aufgegriffen und in unterschiedlichster Weise umgesetzt. In Europa sind das zum Beispiel Island, Irland, Wales, Schottland und Finnland. Auch in Australien, Neuseeland und Kanada gibt es Aktivitäten zur Umsetzung der Well-Being Economy (EuroHealthNet/Health 2024). In den Publikationen der WHO zum Konzept des „Well-Being“ wird insbesondere die Bedeutung von Gesundheitsförderung und Prävention, die Relevanz der Förderung gesundheitlicher Chancengerechtigkeit sowie der Partizipation und des Empowerments der Menschen als Beitrag zu einer Well-Being Society hervorgehoben (WHO 2023a).
In Anknüpfung an das „OECD Well-Being Framework“, das als Orientierungsrahmen für intersek-torale politische Entscheidungen dienen soll, welche die Menschen, den Planeten und künftige Generationen betreffen (OECD 2024), definiert die WHO vier Dimensionen (auch Kapitalien) des Wohlbefindens, die für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne einer Well-Being Economy wichtig sind: soziales, menschliches, planetarisches und wirtschaftliches Wohlbefinden. Die genannten Kapitalien stehen nicht als isolierte Entitäten nebeneinander, sondern weisen auch Verbindungen untereinander auf. Deshalb können Investitionen in einen Sektor Vorteile, aber auch negative Auswirkungen auf einen anderen Sektor haben. Diese werden als Co-Benefits bzw. Co-Costs bezeichnet.
In Österreich wurde das Konzept der Well-Being Economy bzw. der Well-Being Society bisher noch nicht in einem strategischen Rahmen übernommen. Es wird allerdings in einigen Papieren, die auf die Konzepte der WHO referenzieren, ergänzend zum HiPA-Ansatz aufgenommen. Beide Konzepte stellen wichtige Ansätze bzw. Strategien für die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) dar (EuroHealthNet/Health 2024; Greer et al. 2023). Die darin formulierten Zielsetzungen gelten nach der Ratifizierung der Agenda 2030 auch für Österreich und werden hier im Rahmen der Gesundheitsziele Österreich und über die Gesundheitsförderungsstrategie im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit aufgegriffen (Delcour 2023). Zudem beteiligt sich Österreich an der EU Joint Action „PreventNCD“ (PreventNCD 2024), in der auch an einer gemeinsamen Definition der Well-Being Economy für Europa gearbeitet wird, welche die Kernidee, das primäre Ziel des Wirtschaftswachstums gegenüber neuen Prinzipien, die das Wohl der Allgemeinheit in den Fokus rücken zurückzustellen, aufgreift.

Abbildung: Kapitalien des Wohlbefindens ("Well-Being Capitals); Quelle: WHO 2023b
Literatur
Delcour, Jennifer (2023): Metaanalyse der Herausforderungen in der Umsetzung der Sustainable Development Goals
Greer, Scott L.; Falkenbach, Michelle; Siciliani, Luigi; McKee, Martin; Wismar, Matthias; Vissapragada, Praneetha; Montás, Marie C.; Perroud, Janamarie; Rockwell, Olivia; Figueras, Josep (2023): Making Health for All Policies: Harnessing the co-benefits of health. European Observatory on Health Systems and Policies
EuroHealthNet; Health, Institute of Public (2024): Creating an impactful and sustainable Wellbeing Economy for better Public Health. Hg. v. Health, Institute of Public
OECD (2024): Knowledge Exchange Platform on Well-being Metrics and Policy Practice (KEP) [online]. https://www.oecd.org/en/about/programmes/kep.html [Zugriff am 9.12.2024]
PreventNCD, JA (2024): JA PreventNCD - Reducing Europe's cancer and NCD burden through coordinated strategies on health determinants. Focusing on effective policies, societal and personal risk factors [online]. https://preventncd.eu/ [Zugriff am 19.07.2024]
WHO (2014): Health in all policies: Helsinki statement. Framework for country action. The 8th Global Conference on Health Promotion. World Health Organization, Genf
WHO (2023a): Achieving well-being: a global framework for integrating well-being into public health utilizing a health promotion approach. World Health Organization, Geneva
WHO (2023b): Health in the well-being economy. Background paper: working together to achieve healthy, fairer, prosperous societies across the WHO European Region. WHO Regional Office for Europe, Copenhagen